Salzbach

 

 

Historische Karte des Salzbachs und des Mühlbachs

In der in den Annalen des Vereins für nassauische Altertumskunde und Geschichte publizierten Reuterkarte hat der Autor die Gewässerläufe des Salzbachs und des Mühlbachs blau hervorgehoben und die Namen der Mühlen rot unterstrichen. Die Karte zeigt, dass die Hammermühle, die Armenruhmühle, die Salzmühle und die Kurfürstenmühle am eigentlichen Salzbach lagen, während die Neumühle, die Steinmühle, Kupfermühle und die Spelzmühle vom Wasser des Mühlbachs getrieben wurden. An mehreren Stellen waren die beiden Gewässerläufe miteinander verbunden (unterhalb der Spelzmühle, unterhalb der Hammermühle, zwischen Armenruh- und Salzmühle). Im Mündungsbereich in den Rhein erhielt der Salzbach noch Zulauf von einem Fächer kurzer, aus dem Mittfeld kommender Fließgewässer. Durch den Bau des Salzbachkanals wurden die beiden Bäche vom Warmen Damm bis kurz oberhalb der Hammermühle im Kanal vereinigt. Der offene, wenn auch extrem ausgebaute Salzbach beginnt heute unterhalb des Zweiten Rings und folgt mehr oder weniger der Trasse des Mühlbachs, während vom ehemaligen Hauptlauf des Salzbachs nichts mehr übrig geblieben ist.

16. Dezember 2021

Der Salzbach/Mühlbach vom Beginn des Salzbachkanals bis zur Mündung in den Main

Aufnahmen aus den Jahren 2005 bis 2014

Unter der nördlichen Wilhelmstraße treffen unter der Erde die Kanäle des Rambachs und des Schwarzbachs aufeinander und fließen im gemeinsamen Kanal nach Süden. Auf Höhe der Luisenstraße tritt von Westen der Bachkanal des Wellritzbachs (vereinigt mit dem Kesselbach) hinzu. Von da an wird der vereinigte Bach als Salzbach bezeichnet. Die Salzfracht lieferte der Warmbach oder Warme Bach als Sammler der Abflüsse der Thermal- und Mineralquellen, der über den Kesselbachkanal das warme Salzwasser dem Salzbach zuführte. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts gelangt die Salzfracht fast vollständig in das Abwassersystem zum Hauptklärwerk.

Nach und nach wurden Bachabschnitte, ausgehend vom Ortszentrum des damaligen Ackerbauerstädtchens bzw.der sich entwickelnden Kurstadt Wiesbaden, verrohrt. Die Verrohrung oder Verdolung des Wellritzbachs oder Drudenbachs begann nach 1799. Die Verrohrung des Kesselbachs oder Dendelbachs begann nach 1843, den Kesselbach hatte man bereits vor 1799 vom Wellritzbach abgetrennt und in einem nach Norden ausholenden Bogen zum heutzutage nicht mehr existierenden Warmen Weiher zurück zum Wellritzbach geführt. Die Verlegung des Schwarzbachs unter die Erde begann um 1900, die des Dambachs 1826 (kleiner Abschnitt Bereich Taunusstraße) und dann 1843 . Ein erster, kurzer Abschnitt des Rambachs wurde 1810 nach der Abtrennung des Bachs vom Kurparkweiher verrohrt, ein weiterer Abschnitt nach 1868. Ein erster Salzbachabschnitt ging 1868 unter die Erde, die weitere Verrohrung erfolgte nach 1879 bis 1903. Der Warme Bach oder Warmbach, der das Thermalwasser der Thermalspalte sammelte und am Warmen Weiher vorbei über den Kesselbach in den Salzbach ableitete, verschwand zwischen 1810 und 1817 von der Bildfläche. Der Warme Weiher war 1810 trocken gelegt und 1817 vollständig zurückgebaut (nach Spielmann-Krake Stadtatlas).

Wellritzbach, Kesselbach und Dambach büßten schließlich im Zuge des Ausbaus der Abwasserkanalisation ihre separaten, wenn auch unterirdisch verlaufenden Fließwege ein und wurden mit Abwasserhauptkanälen zusammengelegt. Um 2005 erfolgte dann im Zusammenhang mit der Sanierung der Kanalisation in der Taunusstraße die Wiederabtrennung des Dambachs vom Abwasser in einen eigenen Kanal mit Anschluss an den Schwarzbachkanal und schließlich erhielten Wellritzbach und Kesselbach bis 2015 bzw. 2017 (weitgehend durch die aufwändige Reaktivierung alter, als Kanalspülleitungen genutzter Bachkanäle) wieder eigene, überwiegend unterirdische Fließwege (mit Anschluss Höhe Friedrichstraße an den Salzbachkanal) und wurden damit nicht mehr länger sinnlos als „Fremdwasser“ in das Hauptklärwerk Wiesbaden eingeleitet.

Der Salzbachkanal verläuft östlich parallel zur Wilhelmstraße, am Ostrand der Reisinger Anlage entlang und weiter am Ostrand der Gleisanlagen der Deutschen Bahn und endet unmittelbar südlich des 2. Rings auf dem Gelände des Hauptklärwerks der ELW. Der obere Kanalabschnitt ist doppelstöckig, im oberen Stockwerkbefindet sich die Mischabwasserkanalisation, im unteren Stockwerk, zirka 8 Meter unter der Geländeoberfläche, liegt die Sohle des Bachkanals.

Der Salzbach, das wichtigste Innenstadtfließgewässer, befindet sich bedauerlicherweise bis heute in einem erbärmlichen Zustand. Neben dem brutalen Ausbau ist die Verschmutzung des Gewässerlaufs und der Ufer mit Hinterlassenschaften aus Entlastungsanlagen der Mischwasserkanalisation Grund des schlechten Zustands; sichtbares Zeichen der Verunreinigung sind die Fetzen von Klopapier, mit denen die Ufer dicht behängt sind.

Überlegungen zur Wiederherstellung von Abschnitten des Salzbachs (z.B. in den Grünanlagen am Warmen Damm und in der Reisinger Anlage) scheiterten am generellen Desinteresse der Stadtplanung und der Wiesbadener Kommunalpolitiker mehr oder weniger aller Fraktionen an den Fließgewässern. Die obere Wasserbehörde begnügte sich in der Vergangenheit mit der Feststellung, dass der Salzbach im Sinne der EU-Wasserrahmenrichtline ein „heavily modified waterbody“ ist, also ein Gewässer, dem sozusagen nicht mehr viel zu helfen ist. Zum Problem wurde seitens der oberen Behörde in der Vergangenheit auch die namensgebende Besonderheit des Salzbachs erklärt (seine natürliche Salzfracht) und sogar darüber nachgedacht, ob das Wasser einer Reinigung (Entsalzung) zu unterziehen ist.

2014 beauftragte die Obere Wasserbehörde (OWB) in Abstimmung mit dem kommunalen Umweltamt als Gewässereigentümer eine Planungsstudie, die das Potenzial zur Aufwertung des oberirdischen Fließwegs des Salzbachs zwischen dem 2. Ring und dem Infraservegelände in Wiesbaden-Biebrich ausloten sollte. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, das breite Hochwasserbett des Salzbachs von der Ausmauerung zu befreien und den Bach zwischen den (teilweise reparaturbedürftigen) Ufermauern zu renaturieren. Bereichsweise, z.B. in den Gärten unterhalb des Hauptklärwerks, gibt es die Option für eine großzügige Aufweitung des Bachbetts zur Schaffung eines Retentionsraums. Die Studie versuchten sowohl die OWB als auch das Umweltamt geheimzuhalten. Erst als die Frankfurter Rundschau danach fragte, wurde das Papier plötzlich auf den Tisch gelegt. Das Motiv für die Geheimhaltung könnte die geringe Qualität der Studie mit dem Bearbeitungsstand 2019 gewesen sein. Zwischenzeitlich war zu erfahren, dass der Salzbach in Kooperation mit den Entsorgungsbetrieben (ELW) renaturiert werden soll, wobei die Ziele bescheiden sind und mit ELW der Bock zum Gärtner gemacht wird.

Nach dem Austritt aus dem Kanal ist der Salzbach zwischen dem Hauptklärwerk und der Bahntrasse eingezwängt. Die geplante Erweiterung des Hauptklärwerks in südlicher Richtung (Bau eine zusätzlichen Reinigungsstufe für die Entfernung von Medikamentenrückständen) wird die Sitaution für den Bach keinesfalls verbessern. Unterhalb des Klärwerks verläuft der Salzbach zwischen der Bahntrasse links und Kleingärten rechts. Die Brücke der A 66 überspannt das Salzbachtal, die östlichen Pfeiler befinden sich am Ostufer des Salzbachs. Seit 2014 wurde die Brücke saniert; Schäden an dem Brückenbauwerk mit verschiedenen Ursachen (Fehler bei den Bauarbeiten, Absenkungen aus nicht geklärten Ursachen) führten 2021 zur Vollsperrung der Brücke und schließlich im Herbst zur Sprengung. Der Neubau wird noch Jahre dauern.

Knapp vor den ehemaligen Brückenpfeilern der A 66 kommt der Wäschbach über eine Rampe zum Salzbach. Die auf dem Gelände des Hauptklärwerks gefasste Römerquelle, eine der am stärksten schüttenden Quellen Wiesbadens, wird von den ELW für Brauchwasser genutzt, ihr Abfluss gelangt über ein Rohr im rechten Salzbachufer in den Vorfluter Salzbach. Unmittelbar unterhalb der ersten Eisenbahnbrücke hat Kies-Menz, ein Baustoffhandel, 2013 ein städtisches Grundstück erworben und direkt oberhalb der Uferböschung eine Mauer errichtet. Das Kies-Menz-Gelände wurde außerdem durch eine Brücke an die Straße An der Hammermühle angebunden. Die Gewässerbelange konnten erst in die Gespräche der Stadt mit Menz einbezogen werden, als es mehr oder weniger schon zu spät war. Jedoch gibt es eine Vereinbarung, nach der Menz vom Ufer abrücken muss, wenn der Salzbach renaturiert wird.

Unterhalb von Kies-Menz unterquert der Salzbach mehrere Eisenbahnbrücken und die Straßenbrücken der Mainzer Straße und Kasteler Straße. Danach tritt der geschundene Bach in das Werksgelände von Infraserve ein. Auf dem Werksgelände ist der Bach teilweise überbaut und verläuft in einem betonierten Bett bis zur Einleitstelle in den Rhein.

Überlegungen im Zusammenhang mit einer Bebauungsplanung in Biebrich das ursprünglich westlich des Werksgeländes verlaufende historische Salzbachbett wieder herzustellen und so den Salzbach in ansprechender Weise zu integrieren, scheiterten am erbitterten Widerstand der Infraserveleitung, da eine unbebaute Fläche des Werksgeländes (ehemaliger Rheinbahnhof) für die Neugestaltung benötigt worden wäre.