Puebla 10/1988
Sierra de Zapotitlán (Kakteenwälder), Hochland nördlich Tehuacán, südlich von Esperanza (Agaven, Yuccas und Opuntien), Puebla (Stadt), Cholula, Große Pyramide von Cholula mit Kirche;
Blumenfelder, ausgetrockneter Fluss bei Jonacatepec/Amayucca (Felder, Opuntien, Säulenkakteen), Izucar de Matamoros, Trockenbuschwald mit Riesenkandelaberkakten bei Agua Dulce, östlich Tepexco: Ausblick auf den Popocatepetl
16. bis 17. und 26. Oktober 1988
Am Nachmittag des 16. Oktober überquerten wir vor Teotitlán del Camino die Grenze von Pueblo. Die Mex 131 (oder 135) nach Nordwesten in Richtung auf Tehuacán führt durch eine ausgedehnte Ebene, im Westen begrenzt durch die hinter bewaldeten, grünen Vorbergen aufragenden schroffen Gebirgsketten der Sierra de Zapotitlán, im Osten steigt das Gelände allmählich zu Hügeln mit abgerundeten, rotbraunen Sandsteinkuppen an, die den Blick auf die dahinterliegende Sierra de Sangolica verdeckten. Die Felderwirtschaft der höheren Lagen des Cañon de Tomellin in Oaxaca hatten wir hinter uns gelassen, rechts der Straße war jetzt Weideland; die Ziegen hatten die Laubsträucher ziemlich dezimiert, jedoch nicht die Kakteen. Am Fuß einer im Licht des Nachmittags rot aufleuchtenden Sandsteinfestung verdichteten sich Säulenkakteen zu einem Wald aus graugrünen Stangen, der bis an den Rand der Felsen heranreichte. Zu welcher Art die teilweise über 10 Meter hoch aufragenden, gering verzweigten Kakteen gehörten, ließ sich auf die Entfernung nicht feststellen; für eine nähere Untersuchung fehlte uns leider die Zeit, denn wir hatten unser Etappenziel, die Stadt Puebla noch lange nicht erreicht.
Nordwestlich von Tehuacán steigt das Gelände von 1600 m Meereshöhe um zirka 600 m zu einer Hochebene (z.B. liegt der Ort Tepeaca auf 2240 m Meereshöhe) an und der Charakter der Landschaft ändert sich deutlich. Wir fuhren nun auf der Mex 150, die sich östlich von Tecamachalco der gleich bezeichneten Cuota (Autobahn) von Cordoba nach México City annähert und vor Puebla südlich parallel verläuft. Bei Esperanza nahmen wir uns noch einmal die Zeit für einen Stop. Die Kälte ließ uns frösteln, eine nahe, kahle, am Horizont bewaldete Hügelkette wirkte im Nebel grau, durchzogen von breiten hellen, fast weißen Fahrspuren. In Straßennähe gab es zwischen Maisfeldern verstreute Bäume, auf einem an die Straße angrenzenden Geländestreifen wuchsen keine Säulenkakteen, aber Optuntiensträucher, stattliche Agaven und baumartige Yuccas. Ziemlich müde erreichten wir am Abend unser Hotel in Puebla.
Für Puebla war nur eine Nacht eingeplant, doch vor der Weiterfahrt am 17. Oktober nach México City wollten wir uns noch einen Eindruck von der großen Pyramide Tepanapa in Cholula 10 Kilometer westlich von Puebla machen. Dieses Bauwerk im 4. Jahrhundert christlicher Zeitrechnung begonnene Bauwerk, das eher wie ein Berg wirkt, gilt hinsichtlich ihres Volumens als größte Pyramide, die jemals erbaut wurde, größer als die Cheops-Pyramide in Ägypten. Zur Zeit der spanischen Eroberung unter Cortez Anfang des 16. Jahrhunderts war Tepanapa von Ablagerungen und Bewuchs überdeckt. Cortez ließ auf dem Berg eine Kirche bauen. Archäologen haben Bereiche der Basis von Tepanapa freigelegt und rekonstruiert und dabei u.a. eine runde, einen Kopf darstellende olmekische Steinplastik gefunden. Um die älteren, immer wieder überbauten Pyramiden im Inneren zu erkunden, wurden zahlreiche Tunnels angelegt. Wir kauften Tickets für den Besuchertunnel und machten uns auf den etwa 15-minütigen Durchgang, der einen Eindruck von den versteckten Struturen vermittelt. Weniger interessiert an der Kirche auf, wollten wir uns den Ausblick nicht entgehen lassen und stiegen den an der Nordwestecke der Pyramide beginnenden Pfad zur Plattform hinauf. Bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel sahen wir hinab zu den bescheidenen Wohnhäusern von Cholula, dazwischen etliche von der spanischen Kolonialmacht hinterlassene Kirchen, auf frisch gepflügte, braune Felder, auf die grünen Beete des hier verbreiteten Gartenbaus und die orangefarbenen Rechtecke der Tagetesfelder am Ortsrand vor nahegelegenen, schütter bewaldeten Hügeln. Hohe Wolkenbänke türmten sich im Westen auf, die darin verborgenen, Vulkanberge den 5452 Meter hohen Popocatepetl, den Schwestervulkan Itztaciuatl und den Vulkan Orizaba konnte man meist mehr ahnen als sehen.
Als wir genug von der archäologischen Zone hatten, fanden wir gute Plätze im Restaurant Suez unter den Arkaden um den Zócalo von Cholula. Wir wussten das schäumende méxikanische Bier, das in geeisten Krügen auf den Tisch kommt, bereits sehr zu schätzen und bestellten uns zum Essen Negra Modelo, das Dunkle, der Brauereigruppe Grupo Modelo. (Leider sind die in den USA nach dortigen Regeln hergestellten Exportvarianten u.a. für den deutschen Markt nicht zu empfehlen).
Am 26.Oktober, wir hatten Quartier in einem Hotel im Zentrum von Cuernavaca (Bundesstaat Morelos) genommen, unternahmen wir eine Fahrt über Cuautla de Morelos nach Izucar de Matmoros und kamen damit zurück in den Südwesten des méxikanischen Bundesstaats Puebla. Westlich des Abzweigs von der Mex 140 zu dem Örtchen Jonacatepec, noch in Morelos, motivierten uns Hirsefelder und vorallem Felder mit auffälligen roten Blumen zum Halten für einen Fotostop. Um mehr in die Landschaft einzudringen fuhren wir von der Mex. 140 in Richtung Jonacatepec ab; wir hielten südlich des Ortes bei einer Bogenbrücke über einen ausgetrockneten Flusslauf und folgten zu Fuß einem Feldweg entlang des Flussbetts, stiegen auch hinab in das Schotter- und Geröllbett, nur an besonders tiefen Stellen stand noch Wasser. Am Ufer standen zwischen belaubten und kahlen Sträuchern einige große Optunien und Säulenkakteen, besonders die alten Opuntiensträucher wiesen Spuren zurückliegender Brände auf. Umgeknickte Maisstauden auf den Feldern waren noch nicht abgeerntet, ocker- und hellgelb gestreifte Kürbisse lagen auf der trockenen, dunklen Erde.
Nach diesem Abstecher kamen wir mittags nach Izucar de Matamoros. Für das Mittagessen wählten wir ein Restaurant an der Zufahrtstraße zum Zentrum; das Essen war nicht übel, wir hatten allerdings unseren Kampf mit den Seefood-Komponenten auf den Tellern. In Matamoros hielten wir uns nicht weiter auf sondern machten uns auf den Rückweg. Wenige Kilometer westlich der Stadt, bei dem Örtchen Agua Dulce, erlaubte ein nördlich abgehender Schotterweg erneut das Eindringen in die Landschaft. Wir bogen in einen Feldweg mit grasbewachsenen Mittelstreifen ein, der auf ein bescheidenes Gehöft zuführte, bereuten diese Entscheidung aber bald, da die Fahrspuren immer tiefer wurden und der Bewuchs des Mittelstreifens heftig am Bodenblech des Autos schabte. Während wir mit dem Wendemanöver beschäftigt war, kam uns ein Junge mit einem Esel entgegen, beladen mit großen, verbeulten Wasserkannen aus Aluminium. Vermutlich verirrten sich nicht oft ausländische Besucher in die Nähe seines Hauses und so befragte uns der Junge sehr interessiert nach dem Woher und Wohin. Wir sollten mitkommen, hatten aber andere Pläne, waren bald zurück auf dem Schotterweg und bewegten uns weiter auf ein paar mit weithin sichtbaren Riesenkakteen bestandene Hügel zu. Am Fuß der Hügel wuchs ein fast undurchdringliches Gestrüpp aus hohen, trockenen Stauden, Sträuchern, einzelnen herausragenden, belaubten Bäumen mit papierartiger, rotbrauner Rinde, Opuntien mit baumartigen Wuchs und den gewaltigen Orgelpfeifen der Säulenkaktusart Pachycereus weberi. Zwischen dem Fahrweg und dem Rand des dichten Trockenwaldes gab es einen Geländestreifen mit kümmerlichen Maisanbau und kurzem, braunen Gras; dort präsentierte sich gänzlich freigestellt eine der schönsten Orgelpfeifengestalten, ein Platz zum Rasten, Schauen und Fotografieren.
Die Dämmerung setzte ein und wir waren auf unserem Rückweg noch nicht weit gekommen. Noch auf dem Schotterweg, hatten wir einen beeindruckenden Größenvergleich zwischen unserem Mietwagen und einen ihn hoch überragenden Pachycereus weberi am Wegrand. Östlich von Tepexco, oberhalb des Tals des Rio Nexapa, ging der Blick ungehindert über das Flusstal und mit dichten Trockenwald tragend Hügel bis zum gewaltigen, über allem thronenden Vulkankegel des Popocatepetls, der sich bei Einbruch der Nacht gerade aus den dichten Wolken geschält hatte, die ihn meist einhüllen.
Fortsetzung in der Galerie México City, Bundesstaat México